"Archäologen, kehrt doch vor der eigenen Tür"

Der Titel besagt eigentlich schon alles.

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Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 20.01.2010 00:03

André hat geschrieben:

Schon 1964 ???? Kannst Du mir bitte eine Literaturangabe dazu liefern?1964 gab es kaum Metallsuchgeräte zur Schatzsuche. Kamen die Geräte über die in Hessen stationnierten amerikanischen Truppen von den USA nach Deutschland?

Hallo André,

klar, kann ich, da ich mich darauf in meinem Artikel "Spaßsuche - ein Auslaufmodell?" in der DSM 11 beziehe.

Der Bericht steht in: Fundberichte aus Hessen, 5. und 6. Jahrgang 1965/1966, Seite 94.

Der Sucher hieß Neumann und wurde von Dr. Krüger und Herrn Fischbach, beide vom Oberhessischen Museum dabei beobachtet, wie er das Oppidum auf dem Dünsberg absuchte. Die beiden waren auf dem Berg, weil mitten hinein in das Oppidum ein Sendemast der Bundespost gebaut wurde. Später wurde Herr Neumann von Prof. Schoppa aufgesucht und über einige seiner Funde wurde in den folgenden Jahrbüchern berichtet.

Über den Detektorentyp wird in den Fundberichten nichts genaues geschrieben, er wird als eine "Art Minensuchgerät" beschrieben.

Viele Grüße

Walter

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Mole
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Beitrag von Mole » 20.01.2010 23:02

Archaeos hat geschrieben:
Mole hat geschrieben: Scheinbar hast auch du Probleme, die (Schadens)Relationen richtig zu "begreifen" :roll:
Die Schadensrelationen zu beurteilen vermag ich, unbescheidenerweise, besser als Du! Ich verwalte nämlich die nationale Fundstellendatenbank ... :idea:
Mole hat geschrieben: ... Mit Restriktionen - auch a la Schatzregal - schadet man der Sache eher, als ihr förderlich zu sein.
Denn wenn dann jeder MD-Besitzer sich aufgrund einer solchen "Regelungen" schon von vornherein als "Krimineller" fühlen muss, dann wird der nie und nimmer irgendeinen "DA-Kontakt" suchen ... eher dann so richtig abtauchen in die "Camouflage" ... und dann womöglich eher noch eine bestimmte Szene "kontaktieren".
Wiedermal typisch, deine Reaktion: die Gesetze und Regelungen sind schuld am rechtswidrigen Verhalten der Bürger :evil:
Archaeos, ich respektiere die Mühe und die Konsequenz, mit der du deine - wenn auch "festgefahrenen" - Ansichten hier vertrittst.

Aber: Mein obiges erstes Zitat bezog sich auf Insurgent, der von "fiktiven Baggern" sprach ...
Und: ich wusste nicht, dass es in Luxemburg auch Braunkohletagebau gibt ... :wink:
Wer mal in der Gegend zw. Köln und Aachen unterwegs ist, sollte sich unbedingt mal den Tagebau Hambach oder Inden anschauen, um sich mal die "Dimensionen" zu vergegenwärtigen, von denen ich u.a. rede.

Zum zweiten Zitat:
Ich mag ja manchmal den Anschein des "Advocatus Diaboli" erwecken ... aber, Archaeos, wenn du dir mal all meine Beiträge ansiehst, dann dürfte sich das als glatte "Fehleinschätzung" erweisen. Allerdings bin ich ein relativ liberal eingestellter Mensch, und lasse mich nicht unötig "gängeln", wenn es auch andere - und sinnvollere - Lösungen gibt, oder diese "ausgearbeitet" werden könnten.
Also hoffe ich, dass du mit "wiedermal typisch, deine Reaktion" nicht meintest, typisch für meine Person, sondern typisch für einen x-beliebigen SG aus deiner "Feindbildsammlung" ...
Und diese dort oben von mir geäusserte "Befürchtung" (!!!) ist gar nicht mal so abwegig, wie du zugeben musst.

Kooperation OK ... aber nicht mit den Voraussetzungen eines "Jagdscheinstudiums" ... sorgt ihr lieber für anständige, verständliche Instruktionen in Form eines Leitfadens und klärt die Leute "en masse" auf, über die Gefährdung, die von unsachgemässer Vorgehensweise ausgeht etc. ... das ist meiner Meinung nach der Sache weitaus dienlicher, als diese von dir forcierte skurille und "kriminalisierende Gesetzgebung" ;)

btw: Durch wen und wo und wie soll denn dann dieses Gesetz "exekutiert" werden???
Schöne Grüsse

Ralf

Archaeos
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Beitrag von Archaeos » 21.01.2010 11:40

Mole,
Es ist unerheblich, ob fiktive oder wirkliche Bagger herangezogen werden, um den Impakt des Sondengehens auf Bodendenkmäler relativieren, verniedlichen oder verteidigen zu wollen. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. 10 km2 Wohnsiedlung oder Industriezone hie und da haben genau den gleichen Effekt wie 10 km2 Tagebaufläche: Zerstörung total. In beiden Fällen (Planungsvorhaben und Sondengehen) kommt es zu Zerstörung von Kulturgut. Beim Sondengehen erfolgt die Zerstörung zielgerichtet bzw. billigend, beim Planungsvorhaben ist sie ein Nebeneffekt, der durch präventive Archäologie abgemildert werden kann (wissenschaftliche Dokumentation vor Zerstörung)
Mole hat geschrieben: Kooperation OK ... aber nicht mit den Voraussetzungen eines "Jagdscheinstudiums" ... sorgt ihr lieber für anständige, verständliche Instruktionen in Form eines Leitfadens und klärt die Leute "en masse" auf, über die Gefährdung, die von unsachgemässer Vorgehensweise ausgeht etc. ... das ist meiner Meinung nach der Sache weitaus dienlicher, als diese von dir forcierte skurille und "kriminalisierende Gesetzgebung" ;)
Die aktuelle Gesetzgebung, die Du und viele Anhänger der Sondengängerei als "kriminalisierend", erdrückend und in die persönliche Freiheit eingreifend empfinden, habe ich nicht geschaffen. Sie ist auf die La Valetta Konvention von 1992 zurückzuführen und diese wiederum auf die massiven Auswüchse und Zerstörungen durch Sondengänger in den 70er und 80er Jahren.
Wie sollen wir Archäologen die Leute "en masse" aufklären? Ein Communiqué auf die Titelseite der BILD setzen (Dame im Bikini mit Detektor in der Hand) ? Wie soll man an die anonym, im Dunkeln agierende Masse der Sondengänger überhaupt rankommen?
Gesetzt den Fall, die Denkmalämter würden die SG kennen, wie viele würden sich an die "Spielregeln" halten? Der zivile Ungehorsam ("Ich lass mir doch nicht von einem Sesselfurzer sagen, wo ich suchen darf") in Sachen Sondengängerei ist leider ausgeprägter als Du es erahnen kannst oder willst. Du selbst sträubst Dich gegen eine jagdscheinähnliche Genehmigungspraxis und bist das beste Beispiel für den zivilen Ungehorsam :roll:
Gruß,
André
Zuletzt geändert von Archaeos am 21.01.2010 13:26, insgesamt 1-mal geändert.

Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 21.01.2010 12:34

Moin,

wunschdenken ist ja eine schöne Sache, aber für Deutschland wird es eine genehmigungsfreie Suche a la England/Wales, Dänemark oder Bayern kaum geben. In SH, SN und HE werden SG ausgebildet und daran wird langfristig niemand vorbei kommen.

Einfach jemanden eine Broschüre in die Hand drücken in der steht, wie man möglichst denkmalschonend suchen kann, ist kaum zielgerichtet.

Langfristig wird es ohne Metallsondenführerlaubnisschein nicht gehen, auch wenn dies einigen nicht passt. Den schwarzen Peter haben jetzt aber die BL, die weder NFG erteilen, noch Ausbildung anbieten.

Viele Grüße

Walter

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Beitrag von Insurgent » 21.01.2010 14:16

Mole hat geschrieben:
Aber: Mein obiges erstes Zitat bezog sich auf Insurgent, der von "fiktiven Baggern" sprach ...
Und: ich wusste nicht, dass es in Luxemburg auch Braunkohletagebau gibt ... :wink:
Wer mal in der Gegend zw. Köln und Aachen unterwegs ist, sollte sich unbedingt mal den Tagebau Hambach oder Inden anschauen, um sich mal die "Dimensionen" zu vergegenwärtigen, von denen ich u.a. rede.
Das "fiktiv" bezog sich darauf, dass wir alle für unser Handeln selber Verantwortlich sind und uns nicht als Ausrede das Verhalten anderer zugrunde legen sollten.


"""" Also wenn der das macht, dann darf ich das auch""""

Kling doof, oder??

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Mole
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Beitrag von Mole » 21.01.2010 14:34

Hi,

ihr habt wohl übersehen, dass ich im schönen Bayernland residiere ... ;)

Und dass Bayern - so ähnlich wie Andre immer "Erkenntnisse" aus Luxemburg oder Frankreich heranzieht - Basis für meinen Standpunkt oder Argumentation ist.

Und wenn ihr, speziell Archäos, mal den Thread "Wie es sein könnte" im Bayern-Forum nachlesen würdet
http://www.digs-online.de/forum/viewtopic.php?t=1237
dann würdet ihr sehen, dass (selbst) ich mich mit meinem "restriktiven" Vorschlag schon ein bisschen sozusagen in die Nesseln gesetzt habe :)

Bei all den schönen Überlegungen mit "Jagdschein" oder "Führerschein" ... wer soll das "exekutieren" im Sinne von überwachen, kontrollieren und anschliessend sanktionieren?

An der "bescheidenen" Situation würde sich kaum was ändern ... die allermeisten SSG und andere Gesellen der Hobby-SG-Zunft laufen nach wie vor durch Wald und Flur - und zwar ohne "Schein" - und schmeissen ihren "Schrott" in die Tonne ...

Blöde Frage an Andre und andere Restriktionsverfechter:
Na, wieviele Autofahrer halten sich an die Geschwindigkeitsbegrenzungen? Generell, in 30er-Zonen, an Gefahrenstellen, wie Schulen oder Schulwegen etc. ???
Da ist mit dem mangelnden Unrechtsbewusstsein eine nicht nur relative Gefährdung der Gesundheit anderer Menschen verbunden ... wie wollt ihr da erwarten, dass jeder, der sich einen MD "besorgt" hat (nachdem der Verkauf mit Andres Hilfe ja verboten wurde, wenn sein Wunschdenken in Erfüllung gehen sollte) sich an "die Regeln" hält (oder auch nur annähernd versucht, der Funddokumentation zu entsprechen) ... Wunschdenken sehe ich eben eher bei denen, die meinen, mit solchen Gesetzen oder "Regelungen" der eigentlichen "Plage" beizukommen ... wirkt bestimmt genauso gut, wie ein Tempolimit-Verkehrsschild und selbst gelegentliche Radarmessungen halten notorische "Übertreter" nicht von ihrer Raserei ab ...
Zuletzt geändert von Mole am 21.01.2010 14:50, insgesamt 1-mal geändert.
Schöne Grüsse

Ralf

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Beitrag von Mole » 21.01.2010 14:45

Insurgent hat geschrieben:
Mole hat geschrieben:
Aber: Mein obiges erstes Zitat bezog sich auf Insurgent, der von "fiktiven Baggern" sprach ...
Und: ich wusste nicht, dass es in Luxemburg auch Braunkohletagebau gibt ... :wink:
Wer mal in der Gegend zw. Köln und Aachen unterwegs ist, sollte sich unbedingt mal den Tagebau Hambach oder Inden anschauen, um sich mal die "Dimensionen" zu vergegenwärtigen, von denen ich u.a. rede.
Das "fiktiv" bezog sich darauf, dass wir alle für unser Handeln selber Verantwortlich sind und uns nicht als Ausrede das Verhalten anderer zugrunde legen sollten.


"""" Also wenn der das macht, dann darf ich das auch""""

Kling doof, oder??
Hi,

ja, aber genauso war es nicht von mir gemeint - es ist eine quantitative und objektive Relation, und keine "Ausrede"!

Durch Hoch- Tief und Tagebau werden nun mal "rein rechnerisch" in einem Jahr mehr BD vernichtet - ohne dass zuvor irgendein DA richtig oder überhaupt involviert war (per Notgrabung oder Befundsicherung, wie Andre meint), als tausende "wilde" SG es in 10 Jahren vermögen.

Deswegen meine ich, es ist sinnvoller "die Kanonen in eine andere Richtung zu richten" und dort sein Pulver zu verschiessen (Kohle, Manpower locker zu machen etc.).
Schöne Grüsse

Ralf

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Beitrag von Denarius » 21.01.2010 14:59

Nur kurz, - bevor ich morgen detaillierter antworten werde: In Tagebau Inden fallen gerade wieder zwei ausgedehnte röm. Villen dem Tagebau zum Opfer.

Gänzlich ununtersucht und irreversibel vernichtet!

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Beitrag von Insurgent » 21.01.2010 16:29

Mole hat geschrieben:
ja, aber genauso war es nicht von mir gemeint - es ist eine quantitative und objektive Relation, und keine "Ausrede"!

Durch Hoch- Tief und Tagebau werden nun mal "rein rechnerisch" in einem Jahr mehr BD vernichtet - ohne dass zuvor irgendein DA richtig oder überhaupt involviert war (per Notgrabung oder Befundsicherung, wie Andre meint), als tausende "wilde" SG es in 10 Jahren vermögen.

Deswegen meine ich, es ist sinnvoller "die Kanonen in eine andere Richtung zu richten" und dort sein Pulver zu verschiessen (Kohle, Manpower locker zu machen etc.).
Was aber bitte haben die Zerstörungen durch Tagebau, Neubauten etc mit Sondengängern zu tun.
Finde ich auch absoluten Mist und es ärgert mich auch, wenn z.B. ich in einer Kiesgrube in meiner Heimatstadt am Rande Grubenhäuser sehe, sie dem Amt melde, das Amt nichts unternimmt, sie weggebaggert werden und mir vom Amt verboten wird sie zu dokumentieren.

Aber das darf doch nicht die Entschuldigung für illegales Suchen sein.

Das ist in meinen Augen nur eine "billige" Ausrede mit der man sich unglaubwürdig macht

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Mole
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Beitrag von Mole » 21.01.2010 18:30

Na gut, du willst es nicht kapieren ... ;)

Vielleicht nochmals:

Es geht nicht um Rechtfertigung, Verteidigung oder "billige" Ausrede für illegales SG ... aber es geht sehr wohl um die Relation der Schäden, die HTT-Bau anrichten, und den Schäden, den z.T unbedarfte oder uninformierte oder auch "sturre" Hobby-SG anrichten (Profi-Raubgräberei ist ein anderes Thema).

Und genau in diesem Zusammenhang gehts um die "Dramatisierung" der SGängerei in den Medien (wohl gesteuert von Archäologen und DA), wo nun oft genug jeder SG ohne DA-"Absegnung" automatisch zum Quasi-Raubgräber abgestempelt wird. Wenn man nu mal einem aufgeschlossenen Journalisten die wahren Relationen der Schäden aufzeigt - einerseits die durch ökonomische/politische "Notwendigkeiten" verursachten - und dann die durch die Hobby-SG verursachten, dann fragt sich doch jeder halbwegs normaler Steuerzahler, warum einerseits Kulturgut hintangestellt wird bzw. regelrecht missachtet wird, während andererseits von den Archäologen und DA sozusagen mit "Kanonen auf Spatzen geschossen wird". Diese Argumentation besagt ja noch lange nicht, dass man Letzteres oder Ersteres gutheisst ... aber es zeigt, wo eigentlich die "grösseren Übeltäter" sitzen ... in Amt und Würden oder auf dem Vorstandssessel. Und wo mal kräftig in der Öffentlichkeit gegen opponiert werden sollte. Nix weiter ...
Aber wer spricht schon gerne eine deftige Schelte gegen seinen Arbeitgeber aus, zumal als Staatsdiener oder gegen diverse Lobbyisten der entsprechenden, sozusagen kulturellen raubbaubetreibenden Firmen etc. :x
Schöne Grüsse

Ralf

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Beitrag von Insurgent » 21.01.2010 20:47

Mole hat geschrieben:Na gut, du willst es nicht kapieren ... ;)

Vielleicht nochmals:

Es geht nicht um Rechtfertigung, Verteidigung oder "billige" Ausrede für illegales SG ... aber es geht sehr wohl um die Relation der Schäden, die HTT-Bau anrichten, und den Schäden, den z.T unbedarfte oder uninformierte oder auch "sturre" Hobby-SG anrichten (Profi-Raubgräberei ist ein anderes Thema).
Was ist es den sonst....."
Mole hat geschrieben:Relation der Schäden
"????

Aber egal, ich werde jedenfalls nie solche Vergleiche herranziehen.

Und ich stimme mit Walter voll überein. Langfristig werden alle (die das Sondeln legal betreiben wollen) um eine Ausbildung (Sondengängerführerschein oder wie auch immer man so etwas nennen will) nicht rum kommen.

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Re: "Archäologen, kehrt doch vor der eigenen Tür"

Beitrag von Archaeos » 01.02.2010 11:27

Archaeos hat geschrieben:... Die Dienststelle macht sich sogar der Hehlerei schuldig, wenn sie in irgendeiner Weise Nutzen aus den illegal entnommenen Gegenständen zieht (was sie ja tut, wenn sie die Funde für eine wissenschaftliche Publikation oder für die amtliche Fundstellendatenbank nutzt!) Darauf stehen immerhin bis zu 5 Jahren Haft.
...
Nutzen aus einer Straftat ziehen war das Thema dieses Threads. Genau dies ist zur Zeit das Thema in der deutschen Politik. Darf die Bundesregierung gestohlene Daten ankaufen, um Steuerflüchtlingen das Handwerk zu legen? Die einen sehen absolut kein Problem darin, die gestohlenen Daten zum eigenen Nutzen zu gebrauchen, die anderen sagen, dass sich die Bundesregierung der Hehlerei schuldig macht. Nutzen aus einer OW bzw. Straftat ziehen ist eben HEHLEREI. :idea:

Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 01.02.2010 13:32

Hallo André,

Du hast das deutsche Recht noch nie begriffen. Keine Denkmalschutzbehörde oder kein Archäologe macht sich der Hehlerei schuldig, wenn er illegal ausgegrabene Funde entgegen nimmt.

Wer eine Sache, die ein anderer gestohlen oder sonst durch eine gegen fremdes Vermögen gerichtete rechtswidrige Tat erlangt hat, ankauft oder sonst sich oder einem Dritten verschafft, sie absetzt oder absetzen hilft, um sich oder einen Dritten zu bereichern, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

Das ist der Parafgraf Hehlerei im DEUTSCHEN Strafrecht. Ich habe es ganz groß gedruckt, damit Du es lesen kannst, verstehen wirst Du es vermutlich wie immer - nicht.

Das Deutsche Strafrecht kennt den Begriff Nutzen daraus ziehen nicht, wie Du geschrieben hast, sondern nur den Begriff Bereicherung. Wenn Archäologen illegal ausgegrabene archäologische Funde annehmen, dann bereichern sie sich damit nicht, da sich durch die Annahme des Fundes nichts am Eigentumsverhältnis ändert.

Anders sieht es bei der Daten CD-ROM aus, oder vielleicht doch nicht?. Durch den Ankauf der gestohlenden Daten würde sich die Bundesrepublik Deutschland "bereichern" - würde sie es wirklich? Vermutlich nicht, weil sie sich ja nur das Geld zurückholen würde, was ihr eigentlich zusteht. Muss aber hier bitte nicht diskutiert werden, das machen schon die Politiker und andere sich berufen fühlende Stimmen zur Genüge.

Viele Grüße

Walter

Archaeos
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Beitrag von Archaeos » 01.02.2010 15:55

Walter,
Nochmals, ich habe das Thema mit einem Vorfall in Frankreich angefangen. Dort ging es nicht nur um das bloße Entgegennehmen von illegal geborgenen Bodenfunden und deren Auswertung, sondern ebenfalls um die ausdrückliche Billigung der gänzlich illegalen Suche nach archäologischen Gegenständen.
Das franz. Gesetz (Code Pénal) geht in der Tat ein wenig weiter als das Deutsche Strafgesetz, das hast Du bereits geschrieben. Unnötig, Dich zu wiederholen.
Wer illegale Fundgegenstände auch nur vorübergehend (zur wissenschaftlichen Untersuchung) in Gewahrsam nimmt, macht sich u.U. der Hehlerei schuldig. Weshalb? Meist weiss nämlich der Grundstückbesitzer nichts von dem Detektorfund, auf welchen er in Frankreich 100 % Anrecht hat und in Deutschland 50 % (Länder ohne Schatzregal).

Wenn Archäologen bzw. Museumskuratoren einem Sondengänger einen archäologischen Gegenstand abkaufen, der einer nicht genehmigten Suche/Nachforschung entstammt, dann handeln sie nicht nur unethisch gemäß der ICOMOS Charta, sondern auch noch widerrechtlich (besonders dann wenn der Grundstückbesitzer nichts davon weiß). Als Archäologe tut man gut, sich bei Bodenfunden bezüglich der Rechtslage abzusichern, sonst gerät man in Teufels Küche.

Und was die CD mit den Daten der Bankkunden angeht: Vor Gericht werden in der Regel Dokumente als Beweismittel nicht zugelassen, wenn sie widerrechtlich erlangt worden sind. :idea:

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Beitrag von Insurgent » 03.02.2010 14:00

Archaeos hat geschrieben: Und was die CD mit den Daten der Bankkunden angeht: Vor Gericht werden in der Regel Dokumente als Beweismittel nicht zugelassen, wenn sie widerrechtlich erlangt worden sind. :idea:
Scheint aber doch wichtig zu sein, siehe Anweisung der Kanzlerin die Daten zu kaufen.

So ähnlich könnte man auch die Meldung von wichtigen Bodenfunden sehen, auch wenn sie aus nicht genehmigter Suche stammen!

Ist immer die Frage was einem wichtiger ist.

Das Beharren auf Prinzipien oder der umbedingte Erkentnissgewinn. :roll:

Ich hoffe, man findet einen für alle verträglichen Mittelweg :wink:

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