Raubgräber in Mâlain (Burgund) gestellt

Der Titel besagt eigentlich schon alles.

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Archaeos
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Raubgräber in Mâlain (Burgund) gestellt

Beitrag von Archaeos » 26.09.2008 09:11

In der Nacht vom 19. auf den 20. September 2008 hat ein Mitglied von Happah ("Halte au pillage du patrimoine archéologique et historique , französischer Antiraubgräberverein) in Mâlain (Kanton Sombrenon, Côte d'Or) zwei Raubgräber auf der römischen Siedlung von Mediolanum gestellt. Beide Raubgräber trugen Tarnkleidung und hatten ihren Geländewagen in einem angrenzenden Wald versteckt. Zur Suchausrüstung zählten neben den obligaten Schaufeln ein Pulse Star II Pro (von TB Electronic, Preis 1639 €). Bei dem anderen Gerät handelt es sich der Beschreibung des Gerätes zufolge um einen Bodenradar von OKM (eXp 5000), der in Frankreich immerhin 18.538 € kostet. Den herbeigerufenen Gendarmen erklärten die beiden: " Wir tun nichts Böses, wir suchen nur Knöpfe aus dem 1. Weltkrieg". Natürlich gaben sie an, nicht zu wissen, dass sie sich auf einer archäologischen Fundstelle befanden (NB: ein Ausgrabungsfeld grenzt an den Acker, wo die beiden aufgegriffen wurden). Da die beiden erst angefangen hatten dort zu suchen, wurden keine archäologischen Gegenstände bei ihnen sichergestellt. Einer der beiden versuchte übrigens zum Wagen zu fliehen, wurde aber vom Happah-Mitglied gestellt. Nachdem die Gendarmen die Identität der beiden festgestellt hatten, ließen sie sie abziehen. Dem Archäologen erklärten die Gendarmen, dass eine Klage wenig Chance hat, zu einer Verurteilung zu führen, zumal keine archäologische Beute sichergestellt wurde. :roll:
Dennoch liegen folgende Tatbestände auf der Hand: 1. Verstoss gegen den "Code du Patrimoine" 2. Versuch der Beschädigung oder Zerstörung eines archäologischen Monumentes (die Stelle ist ein eingetragenes Bodendenkmal!) Darauf stehen bis zu 7 Jahre Gefängnis und bis zu 100.000 € Geldstrafe 3. unerlaubtes Betreten eines fremden Grundstücks 4. versuchter Diebstahl.
Übrigens das Fahrzeug der beiden Raubgräber war im Departement 59 (Lille) immatrikuliert, ungefähr 400 Autokilometer von Mâlain entfernt.

Das Happah Mitglied hat den Präsidenten der lokalen archäologischen Gesellschaft dazu bewegt, Klage einzureichen und macht z. Z. "Druck" auf den zuständigen Service archéologique régional, damit diese Dienststelle ebenfalls Klage einreicht.

Der gezeigte Fall erklärt, weshalb viele Archäologen das Wort "Metalldetektor" nicht mehr hören können. In diesem Fall haben wir es wohl kaum um harmlose Freizeitsondler zu tun, sondern um "richtige Raubgräber" (professionneller Ausrüstung, Nachtsuche, Tarnanzug). Dennoch, die Ausreden der beiden sind die gleichen wie bei sogenannten "Freizeitsondlern", die gestellt werden : "Wir wußten nicht, dass wir uns auf einem BD befinden." Wir suchten nur Uniformknöpfe aus dem 1. WK. :oops: :oops:

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Loenne
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Beitrag von Loenne » 26.09.2008 09:29

Und, bringt uns das nun irgendwie weiter?

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Beitrag von Archaeos » 26.09.2008 09:50

Loenne hat geschrieben:Und, bringt uns das nun irgendwie weiter?
Das Beispiel zeigt die Notwendigkeit auf, dass seriöse Sucher sich von den richtig bösen Buben, der sogenannten hardcore Sucherszene abwenden. Dazu gehört auch, Detektorhändler zu boykottieren, die in ihrem Sortiment neben normalen Metallsuchgeräten auch Geräte anbieten, welche für sehr große Tiefen ausgelegt sind. Nun sage bitte nicht, die Tiefen-geräte würden von Behörden, Planungsbüros usw. für berufliche Zwecke angeboten. Solche Behörden und Firmen kaufen ihr Equipment (geophysikalische Geräte) nicht bei Händlern für Schatzsuchebedarf, wo man auch sogenannte LRL zu Horrorpreisen findet. :idea:



Wie hat Stefan vorgestern doch zutreffend geschrieben:
Verlässliche Helfer > werden dringend gebraucht !
Diese vom vermeintlichen "Plündervolk" zu trennen eine der großen und zeitaufwendigen Geduldsaufgaben.

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Beitrag von Loenne » 26.09.2008 11:51

Mit Verlaub Andre, was für ein Blödsinn. Sollen wir unsere Detektoren ab jetzt auf dem Wochenmarkt kaufen? Was interessieren mich die Detektorenhändler und welche Konsequenzen hätte es, wenn man dort nicht mehr kauft? Und vor allem, wie soll ein Händler die "seriösen" von den "unseriösen" unterscheiden? Letztlich spiegelt dieser Beitrag nur das wider, um was es die ganze Zeit geht. Du beschreibst die Unfähigkeit der Archäologie mit geeigneten Mitteln gegen solche Raubgräber vorzugehen, weil Euch nicht mal die Gesetzgeber zuhören. Und nun versucht Du ausgerechnet bei den willigen Sondengängern Stimmung zu machen, denen nicht mal die Archäologen zuhören. Was bitte soll das denn bringen? Da zäumst das Pferd vom falschen Ende auf. Ihr seit die öffentliche Institution und es ist Eure Aufgabe gesetzliche Schlupflöcher zu schließen, nicht unsere. Und wenn Ihr das geschafft habt, erledigt sich Dein Anliegen mit den Händlern von alleine.

Weiterhin benötigen auch wir Geräte mit hoher Tiefensuchleistung, weil wir hier z. B. die Gruppe "Archäologie des 20 Jahrhunderts" haben, die unter anderem nach abgestürzten Flugzeugen sucht und die liegen nicht in 10 cm Tiefe.

Gruß
Michael

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nertus
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Beitrag von nertus » 26.09.2008 13:50

Hurra,
mein Dank geht wieder einmal für „bester Unterhaltungswert“ nach Luxemburg.
Applaus, Applaus…

Alles drin was für einen Beitrag im DIGS-Forum wichtig ist:
Raubgräber
Metalldetektoren
Ausland

Lasst und das ausdiskutieren…
Es lebe DIGS.

Ich möchte wirklich nicht weiter streiten.
Aber ich wäre froh DIGS hätte eine Aufgabe oder ein Ziel.
Deutscher Schatzsucher Vizemeister 2008.
Ich esse keinen Honig, ich kaue Bienen...
nertus

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Mole
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Beitrag von Mole » 26.09.2008 13:53

Hi Archaeos,

diese von dieser Böse-Buben-Geschichte (Kriminellen) wieder abgeleitete "Generalverdammung" diverser Gegenstände ist irgendwie nicht nachvollziehbar ... wahrscheinlich auch nicht für den Gesetzgeber.
Sonst könnte man auch den Verkauf aller Jagd- und Sportwaffen, sogar den Verkauf von Autos unterbinden, denn von diesen Geräten bzw. von denen, die damit "unsachgerecht" umgehen, geht eine weitaus grössere Gefahr für die Allgemeinheit und für Leib und Leben aus.

Ich weiss nicht, ob euch der Begriff "Schlagschlüssel" was sagt? Wenn nicht, einfach mal danach googeln. Mit diesen Teilen bekommt jeder mit geringster Übung ein handelsübliches "Sicherheits"-Schloss in etwa 5 Sekunden geknackt - ohne Einbruchsspuren zu hinterlassen!
Und dann schaust mal, wie easy jeder via Internet solche "Sätze" ordern kann ... seit Jahren!!!
Und da erwartest Du vom Gesetzgeber, dass er sich um so harmlose Teile wie MD die Haare rauft ... :roll: :)
Schöne Grüsse

Ralf

Archaeos
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Beitrag von Archaeos » 26.09.2008 15:05

Loenne hat geschrieben: Sollen wir unsere Detektoren ab jetzt auf dem Wochenmarkt kaufen? Was interessieren mich die Detektorenhändler und welche Konsequenzen hätte es, wenn man dort nicht mehr kauft? Und vor allem, wie soll ein Händler die "seriösen" von den "unseriösen" unterscheiden?
Gute Fragen. Zur ersten Frage: Warum nicht direkt ab Werk kaufen? Zur 2. Frage: Du kaufst ja auch nicht einen Wagen beim einem X-beliebigen Händler, sondern bei einem Händler deines Vertrauens, der dich ehrlich berät, aufklärt und der dir keine Märchen, Halbwahrheiten oder Lügen erzählt. Wenn Detektorhändler Long Range Locators (LRL) oder Accessoires wie (ehemals) den Red Point Amplifieur, d. h. Produkte ohne die angegebene Funktion anbieten, dann ist es mit der Seriosität nicht gut bestellt, um mich mal vorsichtig auszudrücken. Idem, wenn man beim Kauf eines Detektors einen Zettel mit der Telefonnummer eines Hehlers in die Hand gedrückt bekommt. Idem, wenn man dir der Händler genau das Gegenteil erzählt, was im Denkmalschutzgesetz steht. Idem, wenn Wucherpreise verlangt werden... So erkennt man unseriöse Händler.

Loenne hat geschrieben: Letztlich spiegelt dieser Beitrag nur das wider, um was es die ganze Zeit geht. Du beschreibst die Unfähigkeit der Archäologie mit geeigneten Mitteln gegen solche Raubgräber vorzugehen, weil Euch nicht mal die Gesetzgeber zuhören.
Damit liegst Du zum Teil richtig. Das liegt aber nicht an schlechten Gesetzen (die sind nicht so schlecht), das liegt in der Umsetzung und Anwendung der Gesetze in die Praxis, wo es gewaltig hakt.

Loenne hat geschrieben: Und nun versucht Du ausgerechnet bei den willigen Sondengängern Stimmung zu machen, denen nicht mal die Archäologen zuhören. Was bitte soll das denn bringen? Da zäumst das Pferd vom falschen Ende auf.
Klar weiß ich, dass ihr "willig"seid. Ist ja auch gut so. Ihr beklagt euch, dass man euch nicht für voll nimmt, ihr beklagt euch über die fehlende Anerkennung, ihr beklagt euch über das ständige und omnipräsente Mißtrauen der Archäologen euch gegenüber. Ich versuche, euch die Gründe für dieses "malaise" zu liefern. Ich versuche Euch zu erklären, wie Abhilfe zu schaffen ist. Einer der Hauptgründe ist das Verkehren in, sagen wir mal "anrüchigen" Kreisen, bzw. eine fehlende Distanz hierzu. Noch gestern habe ich mit einem Kollegen über einen Sondler gesprochen. Der Kollege meinte: "seit der sich nicht mehr mit x und mit y verkehrt, ist er ein ganz anständiger Kerl geworden." (x war Detektorverkäufer und steht im dringenden Verdacht, Hehlerei zu betreiben.)

Loenne hat geschrieben: Ihr seit die öffentliche Institution und es ist Eure Aufgabe gesetzliche Schlupflöcher zu schließen, nicht unsere. Und wenn Ihr das geschafft habt, erledigt sich Dein Anliegen mit den Händlern von alleine.
Richtig! Das Hauptloch ist der freie Verkauf von MD. Wenn der mal "geregelt" ist, kann man den Sumpf austrocknen. Daran arbieten wir.
Loenne hat geschrieben: Weiterhin benötigen auch wir Geräte mit hoher Tiefensuchleistung, weil wir hier z. B. die Gruppe "Archäologie des 20 Jahrhunderts" haben, die unter anderem nach abgestürzten Flugzeugen sucht und die liegen nicht in 10 cm Tiefe.
Ich habe nichts gegen Geräte mit hoher Tiefensuchleistung einzuwenden, solange sie nicht zweckentfremdet werden, etwa zur Hobbyschatzsuche oder Raubgräberei wie im Fall von Mâlain.

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nertus
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Beitrag von nertus » 26.09.2008 15:48

Archaeos hat geschrieben:...Das Hauptloch ist der freie Verkauf von MD. Wenn der mal "geregelt" ist, kann man den Sumpf austrocknen. Daran arbieten wir.
Ihr entschuldigt bitte die Einmischung.
Das ist der falsche Weg und dieser Kampf ist schon verloren.
Ihr liebt Beispiele: Schätz doch mal die Illegalen Waffen in der BRD.
(Und hier gab es keine 20 Jahre legalen Verkauf. Tausende sind im Umlauf und nur deren Preis würde steigen)

Mit Verboten kommt man hier nicht weiter.
Das ist ja fast noch Sinnloser als hier unter sich über außenstehende zu diskutieren.

Schönes WE.
Deutscher Schatzsucher Vizemeister 2008.
Ich esse keinen Honig, ich kaue Bienen...
nertus

Walter Franke
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Beitrag von Walter Franke » 01.10.2008 19:56

Amdré hat es schon richtig formuliert, es liegt nicht an den Gesetzen, es liegt daran, dass sie nicht angewendet werden.

Allerdings wird in Politikerkreisen auch nicht daran gedacht die Voraussetzungen zu schaffen, dass Gesetze angewendet werden. Passiert mal wieder eine aufregende Straftat, dann fordern die Politiker einhellig schärfere Gesetze - weil das macht beim Wahlvolk was her, kostet aber nichts und bringt auch nichts, weil die schärferen Gesetze auch nicht angewendet werden können.

Warum? Weil - jedenfalls in Deutschand - in allen Bundesländern, außer in Bayern, Polizeistellen abgebaut weren um Haushaltsmittel einzusparen. In Hessen z. B. wurden unter MP Koch schon 1000 Planstellen bei der Polizei gestrichen. Die Kollegen sind dazu noch völlig überaltert. Die GdP (Gewerkschaft der Polizei) der ich auch angehöre, hat diese Jahr mal die älteste Streifenwagenbesatzung gesucht. Die beiden waren zwischen 55 und 58 Jahre alt.

Neueinstellungen um die Pensionierungen der nächsten Jahre aufzufangen/auszugleichen - Fehlanzeige. In Hessen wurden 50% der Forstreviere aufgelöst, d. h. dass es jetzt auch nur noch 50% der Förster gibt, die aber 100% der Arbeit machen müssen. Der ganze Forst in Hessen wurde privatisiert, nennt sich jetzt Hessenforst und hat die Aufgabe gewinnbringend Holz zu verkaufen. Einen Förster im Wald zu begegnen ist auch für Raubgräber so gut wie unmöglich - umgekehrt auch nicht.

Die Forstarbeiter kommen jetzt fast alle aus Skandinavien udn fahren nur noch mit ihren Holzerntemaschinen rum. Auch die interessieren sich nicht für Sucher im Wald.

Wie geschrieben - es liegt nicht an den Gesetzen, es liegt an anwendung und Überwachung und die von den Etatkürzungen gebeutelten Denkmalschutzämter müssten eigentlich her gehen und die Regierungen auffordern mehr Polizei, mehr Förster und mehr Walarbeiter, Feldschützen usw. einzustellen. Was sie ja auch vielleicht getan haben, aber eins ist sicher, die Finanzminister sind auf diesem Ohr stocketaub.

Viele Grüße

Walter

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StefanGlabisch/Entetrente
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Beitrag von StefanGlabisch/Entetrente » 02.10.2008 00:45

:lol: Hauptsache > China bekommt von uns Entwicklungshilfe ! :lol:

Und wir zahlen den Banken-Hasardeuren und Managern was immer sie wollen..... :roll:
Vermittler nur für faire Archäologen und meldewillige Sondengänger.

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